Als Hofnarr lebt man gefährlich

Caspar schätzte sich glücklich, Freunde an seiner Seite zu haben, denen er vollkommen vertrauen konnte. Freunde, die, wie er, auch am Hofe, in verschiedener Position, tätig waren. Und die ihre Hand über ihn halten konnten, wenn es für ihn, durch seine provokativen Gedichten und Lieder brenzelig wurde. Wie schön konnte man als Hofnarr die Wahrheit in verkleideter Form, in seine Worte miteinbinden.

Als trinkfester Hofnarr war es für Caspar von Vorteil die Rolle des Betrunkenen zu spielen. Und so, in diesem Moment des nicht ernstgenommen werdens, manche wertvolle Information zu erfahren, die unvorsichtigerweise, in seiner Nähe, ausgeplaudert wurde. Es gab immer wieder Situationen, wo ein Druckmittel von Nöten war. Das Ränkeschmieden, das am Hofe mit großer Leidenschaft gelebt wurde, konnte ihn schnell einen Kopf kürzer machen. Vor allem, wenn der König seine Hand mit im Spiel hatte.

Hatte er durch sein loses Maulwerk des Königs Zorn zugezogen, war das jedoch noch nicht sein Ende. Seine Wut verpuffte recht schnell wieder. Und es wurde ihm Gnade gewährt, da er als Einzigster des Königs quälenden Rückenschmerzen auflösen konnte. Eine heilende Hand zu haben war doch sehr vorteilhaft.

Seine Mutter war Caspar stets ein Vorbild gewesen, bei der Einweihung in die Kunst der Taktik und des vollendeten Spiels. Von klein auf, wies sie ihn nicht nur durch ihre Tat, sondern auch durch ihre Schulungseinheiten in diese Kunst ein.

Leider war der König fast nur von schlechten Ratgebern umgeben. Sie dienten wohl einem anderen Herrn, aber nicht dem Land und dem Volk, das hier ansässig war. Das Volk wurde zunehmend unzufriedener über die Mißstände, die im Lande herrschten und beständig zunahmen.

Auch die Höflinge kamen mit diesen Hintergrundmächten nicht in Berührung. Nur die Priester, tuschelte man, hatten einen Pakt mit diesen Wesen geschlossen. Und er hatte, unter der Hand mitbekommen, wer den Kontakt zu ihnen suchte und zu neugierig war, dem bekam es nicht gut. Der ward plötzlich nicht mehr gesehen.

Blöderweise unterlief Caspar, an einem müden Tage, ein kleines Malheur. Er war zu der Zeit dabei, kleine akrobatische Einlagen in seinem Gedichts- und Gesangs-Repertoire einzubauen. In dem Moment, als er mit vier Eiern jonglierte, rief jemand seinen Namen, lenkte ihn ab und er verlor die Kontrolle über die fliegenden Eiern.

Eins davon landete auf dem Kopf des Königs. Das Ei zerbrach und der flüssig-glitschige Inhalt lief über das Gesicht und tropfte auf die Kleidung des Herrschers. Das war schlecht, das war ganz schlecht. Der König war nicht nur zutiefst eitel. Bei einer seiner Ansprache vor Kurzem, über die Not im Lande, wurde er erst mit Eiern beworfen. Das Volk ließ sich nicht mehr so einfach beruhigen.

Zu seinem Unglück, weilte an diesem Abend, an der Seite des Königs, sein größster Feind, Wendel, ein Intrigenspinner. So kam es, daß er, das erste Mal, seit er sich am Hof befand, in den Kerker gesteckt wurde. Zugleich setzte dieser üble Kerl ein Gerücht über ihn in die Welt. Das weder Hand, noch Fuß hatte. Er, Caspar, sollte den Lieblingshund des Königs, der erst vor kurzer Zeit gestorben war, vergiftet haben.

Gott sei Dank, war die Wache, die ihn in den Kerker führte, sein Freund Jeremias. Er verriet ihm, daß es dieses Mal, kritisch für ihn stehen würde. Gleichzeitig beruhigte er ihn aber und erzählte, daß bereits ein Ausbruchplan in Vorbereitung stand.

In der Nacht weckten ihn zwei fremde Wachen auf und verlegten ihn in ein anderes Kerkerabteil. Offiziell sollte der Grund dafür sein, daß dieses Abteil ausbruchsicherer wäre.

Der wahre Grund aber war, daß ein Teil des Fluchttunnels, einer Freiheitsbewegung, hier in Durchgrabung war. Dieser stand kurz vor der Vollendung. Dieser Gang stand in Verbindung mit einem Haus am Stadtrande. Bereits vor vielen Jahren hatte sich eine Bewegung gebildet, die das Volk aus der Tyrannerei in die Freiheit führen wollte.

Beim Graben des Tunnels kam eine Technologie zum Einsatz, welche nicht zu dieser Zeit entwickelt wurde. Besondere Gäste weilten, immer wieder, am Hof. Und einer von ihnen, ein Zeitreisender, sympathisierte mit der Bewegung. Und ließ ihnen, ganz im Geheimen, eine kleine Maschinerie zukommen, die völlig lautlos arbeitet, Eine Tarnung, in Form einer Holographie, lag über diesen Tunnelsystem, so daß es nicht als solches erkannt wurden.

Kurz vor Mitternacht weckte ihn sein Freund Jeremias. Er lenkte ihn an eine andere Stelle des Kerkers. Und ein paar Minuten später öffnete sich von unten lautlos ein Loch. Aus diesem kletterte Simon, ein anderer Freund, heraus und begrüßte ihn herzlich. Er holte ein ihm unbekanntes Gerät aus seinem Beutel. Richtete es auf die vergitterte kleine Kerkeröffnung zum Wassergraben hin. Ein bläulicher Strahl durchschnitt die Stäbe, so daß es aussah, als wären sie durchgesägt worden und dann nach außen gebogen.

Nun war es für Caspar Zeit, die Spielbühne Hof zu verlassen und sich einem neuen Betätigungsfeld zu widmen. Der Unterstützung des Volkes um seine Freiheit zurückzuerobern. Gewandt stieg er als Letzter in das Loch ab. Und, einen kurzen Moment später war das Loch, über seinem Kopf, bereits nicht mehr da. Caspars Verschwinden würde nicht nur den Wachen, ein großes Rätsel aufgeben.

© Elli (Elke Strohmaier)

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Fotoquelle: Getty images



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