Das kleine Küken spürte, daß es Zeit war diese enge Behausung zu verlassen. Es nahm den Kopf aus seinen Flügeln und durchstieß mit seinem Schnabel die Luftblase. Sogleich fing es an zu atmen. Und stemmte sich mit den Beinen von der Schale ab und pickte mit dem Eizahn gegen das stumpfe Eiende.
Immer wieder legte es eine Pause ein, da es ziemlich anstrengend war, sich aus dem Ei zu befreien. Kurz vor dem Schlupf piepste es und schlitzte das Ei von innen, ringsherum, auf. Seine Mutter nahm das Piepsen freudig wahr. Aber auch seine Geschwister, die sich noch im Ei befanden, hörten es. Und mit einem Ruck befreite es sich aus der Schale.
Es krabbelte aus dem warmen und weichen Gefieder der Ente hervor und lugte nach oben. Seine Mutter begrüßte es mit weichen Piepstönen. Ein warmer Schwall von Mutterliebe umhüllte das kleine Küken. Es war das Erste von Sieben, das geschlüpft war.
Rasch krabbelte es, mit seinem nassen Flaum, wieder unter das Gefieder. Die Pekingente thronte auf einem Berg von Einstreu. So hatten es sie und ihre Küken warm und kuschelig.
Innerhalb der nächsten Stunden, folgten seine Geschwister. Manche Küken quakten bereits miteinander und andere waren noch müde und dösten seelig dahin.
Die Ente und ihr Nachwuchs befanden sich in einem extra Gehege, wo sie vor dem Erpel sicher waren. Am Anfang versorgte die Entenmutter noch die Küken. Doch bald würden sie sich selbst auf die Suche nach Essen aufmachen.
Ein Hauch von Wehmut zog in die Pekingente ein. Sie wußte, daß sie ihre Kinder bereits in wenigen Wochen, wenn sie fett gefüttert waren, wieder verlieren würde.
Aus der Ferne wurden sie von dem 9-jährigen Lars, dem Sohn des Landwirtes, beobachtet. Er liebte die Enten sehr. Und übernahm bei der Entenhaltung und Entenzucht, schon seit er sechs war, viele Aufgaben. Er wollte unbedingt seine eigenen kleinen Entenküken haben. Und die Entenzucht, nach humaneren Vorstellungen, betreiben. Und auch ihre Qualitäten als Schneckenfresser in das Projekt mit aufzunehmen und auszubauen.
Ihre Tiere waren deutsche Pekingenten, die auf der Liste der bedrohten Nutztierrassen in Deutschland standen. Und die Haltung und Nutzung der Pekingenten war schwierig und nicht wirklich einträglich. Es waren meist nur Hobbyzüchter, die sie in ihrem Garten hielten.
Diese Leidenschaft teilte er mit drei älteren Freunden, die bereits eigene Enten hatten. Und ein Stück Land dazu, wo sie ihr gemeinsames Projekt umsetzen wollten. Die Ente und ihre Küken sollten den Grundstock für Lars Zucht darstellen, den er in das Projekt einbringen wollte. Als Lars, vor Monaten, seinen Vater von seinen Plänen erzählt hatte, spürte er, daß er daran zweifelte, daß Lars, in seinem jungen Alter, schon so eine Verantwortung übernehmen konnte.
Mit seinem Onkel Tobias, der auch Pekingenten hielt, hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht, wie sich sein Wunsch erfüllen sollte. Sein Vater spielte, mit seinen Kumpanen, regelmäßig Kniffel. Und heute Abend fand das nächste Spiel statt.
Unter dem Vorwand, seinem Onkel als Glücksbringer dienen zu wollen, gesellte Lars sich zu seinem Vater und seinen Freunden dazu. Zuvor sorgte Lars aber dafür, daß die Geldbörse seines Vaters verschwand. Die Einlage seines Vaters sollte diesmal eine andere sein. Sein Onkel Tobias kam mit ein paar Minuten Verspätung an und zwinkerte Lars zu. Lars spielte mit Tobias zusammen, sie waren ein Team von Dreien.
Als jeder der Spieler seinen Geldbeutel hervorzog und die Einlage von Eur 30.- Eur in die Kniffel-Kasse entrichtete, suchte sein Vater vergebens nach seiner Börse. Er schüttelte den Kopf und bevor er anfing zu reden, übernahm Tobias das Wort.
Sein Onkel machte seinem Vater den Vorschlag, diesmal doch die Ente, Erpel und ihre Küken als Einsatz zu nehmen. Er könnte neue in seiner Zucht brauchen.
Sein Vater war noch ganz im Grübeln. War er sich doch sicher, den Geldbeutel eingesteckt zu haben und nickte seinem Bruder nur zu.
Sie waren zu fünft und spielten 3 Runden Kniffel. Und das Glück war seinem Onkel zugewandt. Bereits im ersten Spiel würfelte Tobias, alle Pasche, Full House, die kleine und große Straße und Kniffel. Und erreichte die höchste Gesamtzahl von allen.
Sein Vater schaute Lars, immer wieder, von der Seite an. Als würde er ahnen, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Beim zweiten Spiel war Tobias nur Zweiter. Allerdings mit geringen Punktabstand zu dem Gewinner. Lars Spannung und Vorfreude wuchs, aber er versuchte es nach außen zu verbergen.
Als sie das letzte Spiel eröffneten, würfelte sein Onkel bereits beim ersten Mal einen Kniffel. Und gleich danach wieder einen Kniffel und bekam einen Bonus dafür. Als die dritte Runde endete und die Punkte ausgezählt waren, war Tobias der eindeutige Sieger.
Nun konnte sich Lars nicht mehr zurückhalten und jubelte laut. Sein Vater schüttelte nur den Kopf und meinte, daß die Beiden ihn reingelegt hätten. Um seinen Bruder zu besänftigen, vergewisserte Tobias ihm, daß er sich als Berater gerne an die Seite von Lars und seinen Freunden stellen würde.
Lars verabschiedete sich von seinem Vater und seinen Freunden und sauste mit seinem Fahrrad zu seinen Freunden, um ihnen die freudige Botschaft zu überbringen.
© Elli (Elke Strohmaier)
Foto: duck-tec.de


Kommentar verfassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.