Es war Anfang März und der Schnee war endlich, nach einem langen Winter, vollständig geschmolzen. Anton suchte im Vorgarten nach Schneeglöckchen, die sich mit ihrem Köpfchen durch die Erde schoben. Er freute sich jedes Jahr über diese Frühlingsboten. Kündeten sie ihm doch die Zeit an, in der er nun, lange am Tag draußen spielen konnte.
Er beschloß seine Suche nach Schneeglöckchen im Wald fortzusetzen. Vielleicht fand er dort auch schon sprießende Krokusse. Es dämmerte bereits und er wollte die Zeit nutzen, während seine Eltern noch aßen, um sich unbemerkt auf den Weg zu machen.
Leise öffnete er die Gartentüre und lief über die Wiese Richtung Wald. Der Wald war Antons großer Spielplatz. Im Alter von 2 Jahren war er seiner Mutter das erste Mal entwischt. Sie fand ihn friedlich und glückselig, auf dem Boden im Wald sitzend, wieder. Er beobachtete Insekten und erfreute sich an dem Vogelgezwitscher. Und entdeckte auch das Gebäude des Waldkindergartens, welches sich zu dem Zeitpunkt, erst seit kurzem, auf einer Lichtung befand.
Seit diesem Tag forderte er nun täglich von seiner Mutter ein, zusammen mit ihm, einen Waldspaziergang zu machen. Und beobachtete neugierig, staunend und ein bischen wehmütig, wie die Kinder, aus dem Waldkindergarten, sich nach ihrem Morgenkreis im Wald verteilten und ans Forschen gingen. Bereits zwei Monate später wurde Anton, als jüngstes Mitglied der Gruppe, in den Waldkindergarten aufgenommen. Dies war jetzt schon über 3 Jahre her.
In der Zwischenzeit war er im Eingangsbereich des Waldes angekommen. Er blieb dort stehen und dachte an seinen Großvater. Er hatte ihm erzählt, daß alles im Wald beseelt ist und er mit der Natur und den Tieren achtsam umgehen sollte. Er lief weiter und wechselte auf den Weg, der ihn zum Baumhaus führte.
Das Baumhaus gehörte zum Waldkindergarten. Es war, drei Meter über dem Boden, in einer alten Rotbuche verbaut und verankert. Anton stieg über die Holzleiter nach oben und kletterte durch die runde Öffnung in das Innere des Hauses. Sein Vater hatte, anläßlich der Eröffnung des Waldkindergartes, außen am Baum einen Nistkasten angebracht. Dieser wurde seit dieser Zeit, immer wieder von dem gleichen Waldkauzpärchen bewohnt.
Erst vor zwei Wochen war das Weibchen wieder in den Nistkasten eingezogen. Die Bindung zwischen Männchen und Weibchen wurde auch dieses Jahr erneuert. Und war am Brüten. Sie wurde samt der, nach circa 4 Wochen, schlüpfenden Brut von dem Männchen beschützt. Immer wieder beobachtete Anton, im späten Stadium der Dämmerung, den Anflug des Waldkauzes um das Weibchen mit Beute zu versorgen.
Anton zog eine Wolldecke über seinen Schneeanzug und mummelte sich darin ein. Der Vollmond stand groß am Himmel und war nun immer deutlicher zu sehen. Die ersten funkelnden Sterne erschienen am Nachthimmel. Der Wald strahlte jetzt eine Ruhe aus, die Anton genoß, die ihn aber auch müde machte. Immer wieder knackte es im Geäst und die Tiere der Nacht erwachten zum Leben. Er ließ seinen Blick über die Flugroute, die zum Nistkasten führte, schweifen. Doch seine Augenlider wurden immer schwerer. Er nahm noch den anfliegenden Waldkauz wahr, dann schlossen sich seine Augen und er schlief ein.
Er schlief so tief, daß er nicht bemerkte, wie sein Vater, eine Stunde später, die Holzleiter hinaufstieg und seinen Anton lächelnd auf den Arm nahm. Ihn über ein Tuch an seinem Körper befestigte und über den zweiten Ausgang, die Rutschleiter, das Baumhaus verließ. Erst mitten in der Nacht erwachte er in seinem Bett und wunderte sich mal wieder, wie er ohne nach Hause zu laufen, in sein Bett gekommen war.
© Elli (Elke Strohmaier)
Foto: Nabu

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