Cara – Die Begegnung (Fantasie)

Cara hielt mitten in der Bewegung inne. Sie stutzte. Die Frau unter ihr, welche die Linde innig umarmte, schien die Fee wahrgenommen zu haben. Sie hatte eine besondere Ausstrahlung. Und die Fee war neugierig geworden. Flugs hatte sie sich vom Ast erhoben und war zu ihr hinuntergeflattert.

Erst dann bemerkte sie, daß die Frau weinte. Ihr Gesicht wurde von Tränen benetzt, die ihr an ihren Wangen hinunterliefen. Cara flog ganz nah an sie herein. Sie war gerade dabei dem Baum ihren Kummer zu erzählen. Ihre Augen waren geschlossen. Cara fühlte die sanfte und beruhigende Energie, die der Baum ausstrahlte. Er fühlte sich in das weinende Menschenkind ein. Und empfang dabei innere Bilder von dem Leben der Frau. Plötzlich schlug sie ihre Augen auf. Und das genau in dem Moment, als die Fee sich auf der Höhe ihrer Augen befand.

Ungläubig schaute die Frau Cara an. Und die Fee blickte in wunder-schöne hellgrüne Augen. Schnell flog sie steil nach oben und versteckte sich im Dickicht des Blätterwerkes. Die Frau wurde wieder von ihrem Schmerz überwältigt und weinte weiter. Cara fragte sich, was wohl geschehen war, daß sie sich in einem so aufgelösten Zustand befand.

Die Menschen waren seltsam. Sie fielen so schnell aus dem freudvollen Augenblick des Lebens heraus. Verloren sich in Gedankenkreisläufe und im Grübeln. Ihre Gedanken drehten sich oft um Dinge, die schon längst passiert waren. Oder sie machten sich Sorgen um das was vielleicht kommen wird. Ihnen fiel es so schwer mit Leichtigkeit, Freude und offenen Herzen, das Leben zu genießen.

Es war außergewöhnlich, daß ein erwachsener Mensch die Naturwesen wahrnahm. Die Intuition und Hellsichtigkeit schien oft schon bei Schuleintritt, wenn die Logik einzog, zu schwinden. Und es gab Eltern, die die Erzählungen ihres Kindes, von einem unsichtbaren Freund, für Fantasie hielten.Und sie manchmal schimpften.

Dabei liebte Cara diese kleinen, offenen und verspielten Wesen, die so unschuldig waren, sehr. Sie hatte schon viele Kinder begleitet und war ihnen, für eine gewisse Zeit, eine Freundin gewesen. Über die Kinder hatte Cara einen Einblick in die Menschenwelt bekommen. Die Kinder belastete es sehr sich an starre Regeln halten zu müssen, die schon früh in ihr Leben einzogen und sie prägten. Sie hatten keine Freude dabei in die Schule zu gehen und Hausaufgaben zu machen. Vieles was sie lernten war nicht nützlich für das Leben selbst. Besonders bedrückte die Kinder, daß ihre Eltern, im Kreislauf des Arbeitens gefangen, so wenig Zeit für sie hatten.

Die Menschen schienen das Wesentliche im Leben vergessen zu haben. Sie befanden sich auf einem Irrweg, der sie von der Natur, auch ihrer eigenen beseelten Natur, weggeführt hatte. Dennoch bemerkte sie, daß es immer mehr Menschen gab, die sich für nicht Erklärbares, außerhalb der dichten Materie, öffneten.

Cara schaute nach unten und stellte erfreut fest, daß die Frau aufgehört hatte zu weinen. Sie saß nun auf dem Waldboden, angelehnt an den Rücken des Baumes. Und ließ ein kleines Marienkäferchen auf ihrer Hand laufen herumlaufen. Ein Lächeln durchzog ihr Gesicht und sie machte nun einen entspannten Eindruck. Die Fee beschloß der Frau nochmals einen Besuch abzustatten.

Diesmal flog sie langsam nach unten und schwirrte, mit einem kleinen Abstand, um die Frau herum. Diese nahm sie sofort wieder wahr und ihr Lächeln vertiefte sich. Aufmerksam beobachtete sie den Flug von Cara und bewunderte ihre Pirouetten und Überschläge. Ihr Gesicht erhellte sich immer mehr, sie begann jetzt von innen zu strahlen. Sie legte ihre Hände auf ihre Herz und ihre Lippen bewegten sich entließen nur ein Wort: Sylvia !

Als Sylvia aufstand, warf sie einen Blick zurück und lächelte Cara an. Cara wußte, daß sie wiederkommen würde.

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© Elli (Elke Strohmaier)

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Fotoquelle: Quirkjunkjournals auf pixabay

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